Mit 13 Monaten meldeten die berufstätigen Eltern ihre Zwillinge für einen Kindergartenplatz ab dem zweiten Lebensjahr an. Aufgrund fehlender Kapazitäten konnte kein Kindergartenplatz zur Verfügung gestellt werden, daraufhin meldeten die Eltern die Kinder im Waldorfkindergarten Mainz an, den sie von September 2012 bis August 2013 besuchten.
 
Der Waldorfkindergarten ist eine im Kindertagesstättenbedarfsplan der Beklagten ausgewiesene Einrichtung eines freien Trägers der Jugendhilfe. Nach der Satzung des Waldorfkindergartens e.V. beginnt die Mitgliedschaft der Erziehungsberechtigten in dem Verein mit dem Eintritt des Kindes in eine Einrichtung des Vereins. Die „Beitragsordnung“ des Vereins sieht die Erhebung von Kindergarten-Regelbeiträgen nicht vor, da diese vom Land übernommen würden. Allerdings haben die Eltern als Vereinsmitglieder aufgrund der „Beitragsordnung“ an den Verein „Mitgliedsbeiträge“ zu entrichten.
 
Die Eltern beantragten bei der Stadt Mainz die Übernahme der Mitgliedsbeiträge, dies wurde jedoch abgelehnt.
Der Besuch des Kindergartens sei beitragsfrei im Sinne der Vorschriften des Kindertagesstättengesetzes. Mit dem Besuch einer öffentlich geförderten Kindertagestätte werde somit der gesetzliche Anspruch auf einen beitragsfreien Kindergartenplatz erfüllt. Für die Erhebung zusätzlicher freiwilliger Leistungen könne eine Erstattung nicht anerkannt werden.
 
Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Stadt zurück.
So die Pressemitteilung zum Urteil des OLG:
„Nach dem rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz hätten Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten, wobei der Besuch des Kindergartens beitragsfrei sei. Das Jugendamt habe zu gewährleisten, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung stehe. Werde dieser Anspruch nicht erfüllt, bestehe nach der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für einen selbstbeschafften Platz in einem privaten Kindergarten, wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf an einem Kindergartenplatz in Kenntnis gesetzt worden sei und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Kläger erfüllt. Denn die Beklagte habe den Klägern keine Kindergartenplätze zur Verfügung stellen können und die Kläger selbst hätten nur zwei nicht kostenfreie Plätze im Waldorfkindergarten ausfindig machen können. Aus dem Kindertagesstättengesetz ergebe sich ein Anspruch auf einen kostenfreien Kindergartenplatz, für den die Eltern nichts bezahlen müssen. Dieser Anspruch sei durch den Besuch des Waldorfkindergartens nicht erfüllt worden. Zwar hätten die Eltern der Kläger für den Besuch des Kindergartens als solchen keine Beiträge zu entrichten. Ohne die Zahlung der geforderten „Mitgliedsbeiträge“ hätten sie die Plätze aber nicht erhalten. Insofern sei der Besuch des Waldorfkindergartens nicht kostenfrei. Es könne daher auch keine Rede davon sein, dass die Eltern freiwillig statt Plätze in einem kostenfreien kommunalen Kindergarten Plätze im Waldorfkindergarten – etwa wegen der besonderen Pädagogikausrichtung – gewählt hätten und daher bereit gewesen seien, die vom Beigeladenen dafür verlangten Mitgliedsbeiträge zu bezahlen. Soweit die Beklagte Stadt darauf hinweise, dass der Waldorfkindergarten von ihr und vom Land Rheinland-Pfalz bezuschusst werde, ändere dies nichts daran, dass der Waldorfkindergarten e.V. als Träger der freien Jugendhilfe zur Finanzierung des von ihm aufzubringenden Anteils an den Personalkosten sowie der von ihm aufzubringenden Sachkosten Mitgliedsbeiträge erheben müsse.“
 

 

 

Erfahrungen & Bewertungen zu Kanzlei Cäsar-Preller