Die Kosten für Wohnung und Heizung von Langzeitarbeitslosen werden grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, sofern sich diese in einem angemessenen Bereich bewegen. Wie das Bundessozialgericht (BSG) jetzt urteilte, sind Jobcenter zwar befugt, in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen; sie sind indes rechtlichen und methodischen Voraussetzungen unterworfen. Folglich können Hartz-IV-Empfänger künftig problemloser umziehen als bisher.
Christof Bernhardt, Fachanwalt für Sozialrecht der Wiesbadener Kanzlei Cäsar-Preller, erläutert die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung: „Mehrere Urteile des in Kassel angesiedelten Bundessozialgerichts (BSG) erklären die bisherige Praxis der Jobcenter, Umzüge in vermeintlich teurere Wohnlagen zu verhindern, als unzulässig. Die Berechnung „angemessener Mietkosten“ mehrerer Landkreise in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wurde verworfen (Az: B 14 AS 41/18 R und weitere).“
Unterkunftskosten werden Hartz-IV-Empfängern bezahlt, zuzüglich der für den weiteren Lebensunterhalt vorgesehenen Summen. Fachanwalt Christof Bernhardt: „Wohnungen mit sogenanntem „einfachen Standard“ sind hier maßgeblich. Um regionale Unterschiede der Mietpreise zu bestimmen, werden Vergleichsräume gebildet. Haben Hartz-IV-Empfänger eine als angemessen befundene Wohnung, darf nach einem Umzug die neue Wohnung nicht teurer sein als die bisherige. Ziehen sie hingegen in einen anderen Vergleichsraum, gelten die dortigen Obergrenzen.“
Fachanwalt Christof Bernhardt weiter: „In den verhandelten Fällen wurde von den Jobcentern jeweils der gesamte Landkreis zum Vergleichsraum erklärt. Eine Hamburger Beraterfirma sah in dem Landkreis allerdings unterschiedliche Arten von Wohnungsmärkten mit divergierenden Obergrenzen für als angemessen einzustufende Wohnungen. Betrachtet wurde der an Hamburg angrenzende Kreis Segeberg. Die Stadt Norderstedt etwa ist an das Hamburger U-Bahnnetz angeschlossen. In ihr sind die Mietkosten erheblich teurer als im Norden des Landkreises. Die hohen Mieten von Norderstedt wurden bei der Berechnung angemessener Mieten durch die Herauslösung einzelner Typen von Wohnungsmärkten nicht berücksichtigt – für Hartz-IV-Empfänger wurde ein Umzug nach Norderstedt daher quasi unmöglich. Bei einem Umzug aus Eigeninitiative heraus waren sie an ihre bisherigen Mietkosten gebunden. Wurden sie vom Jobcenter zum Umzug aufgefordert, galten die Obergrenzen eines Wohnungsmarkts, der nicht dem von Norderstedt entsprach.“
Fachanwalt Bernhardt stellt klar: „Die Richter urteilten, dass in einem Vergleichsraum die selben Obergrenzen für einen angemessenen Wohnraum zu gelten haben. Bereiche, welche sich deutlich vom Rest des Gebiets unterscheiden, müssen einen eigenen Vergleichsraum bilden. Die Richter betonten, dass die Bildung sozialer Brennpunkte zu vermeiden sei – ein Jobcenter könne freilich durchaus für mehrere Vergleichsräume zuständig sein. Der jeweilige Vergleichsraum müsse dabei einen „insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich“ bilden, gerade auch in Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur.
Neben dem Kreis Segeberg wurden auch die Berechnungen für die Landkreise Harz, Salzlandkreis und Börde in Sachsen-Anhalt verworfen. Die Jobcenter werden wohl ebenfalls in weiteren Landkreisen neue Vergleichsräume definieren und die Mietobergrenzen entsprechend berechnen müssen.
Die Richter betonten: Eigenständig dürfen Gerichte keine Vergleichsräume definieren. Sie müssen sich am Mietspiegel orientieren, gegebenenfalls können sie sich mit einem Blick auf die Wohngeldtabellen mit einem Zuschlag von 10 Prozent behelfen.“
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