Bereits seit Ende des Jahres 2022 wird in politischen und juristischen Kreisen intensiv über die Möglichkeit und die Modalitäten der Einführung von Ton- und Bildaufzeichnungen in gerichtlichen Verfahren diskutiert. Im November 2022 stellte Bundesjustizminister Buschmann einen Gesetzesentwurf vor, der jedoch zunächst keine breite Zustimmung fand. Dies könnte sich jedoch in naher Zukunft ändern, da die Bundesregierung im Mai 2023 erstmals den Gesetzesentwurf zur Einführung solcher digitalen Dokumentationen im Kabinett verabschiedet hat.

Bisher wurden strafgerichtliche Hauptverhandlungen an Landesgerichten und Oberlandesgerichten nicht digital aufgezeichnet. Die Befürworter des Hauptverhandlungsdokumentationsgesetzes (DokHVG) sehen darin einen erheblichen Vorteil, da nun eine detaillierte und archivierbare Aufzeichnung sowie die umfassende Dokumentation des Verhandlungsinhalts möglich wären. Dies hätte zur Folge, dass die Parteien in Strafprozessen auch nach Monaten oder sogar Jahren noch auf ihre Gerichtsverhandlungen zugreifen könnten.

Zusätzlich zur Ton- und Bildaufzeichnung soll die Gerichtsverhandlung im Anschluss von Transkriptionssoftware in ein Textdokument umgewandelt werden. Dieses stünde den Verfahrensbeteiligten dann unverzüglich zur Verfügung. Auf diese Weise wird durch den technologischen Fortschritt eine schnellere Datenverarbeitung und eine höhere Transparenz gegenüber den Beteiligten gewährleistet. Richterinnen und Richter müssten sich nicht länger ausschließlich auf ihre persönlichen Notizen verlassen, sondern könnten sich auch auf die Aufnahmen und Transkriptionen stützen. Weitere Gründe für die Einführung dieses neuen Gesetzes sind die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre sowie die europäischen Standards, denen Deutschland im Bereich der Modernisierung und Digitalisierung oft hinterherhinkte.

Der neue Vorschlag stößt jedoch auf erheblichen Widerstand, insbesondere von Seiten zahlreicher Richterinnen und Richter. Das Hauptargument der Kritiker des Gesetzesentwurfs ist, dass die ohnehin schon stark ausgelasteten oder überlasteten Gerichte mit erheblichem Mehraufwand konfrontiert wären. Neben der Richterschaft sind auch die Bundesländer und die Justizverwaltungen empört über den Vorschlag der FDP-Fraktion. Opferhilfeorganisationen wie der Weiße Ring warnen zudem vor der möglichen missbräuchlichen Veröffentlichung von Gerichtsverhandlungsaufnahmen und lehnen daher den Vorschlag aus diesem Grund ab.

Aufgrund des personellen und finanziellen Aufwands für digitale Aufzeichnungen und Transkriptionen gibt es einen Vorschlag aus der Länderkammer, anstelle von Videoaufnahmen lediglich Tonaufnahmen der Verhandlungen anzufertigen. Die Befürworter des neuen Gesetzes argumentieren dagegen, dass nicht alle Personen sich in jedem Fall ausreichend klar und verständlich ausdrücken können, was eine fehlerfreie Transkription unmöglich machen könnte. Die Länder haben insbesondere Bedenken hinsichtlich der finanziellen Belastung ihrer Haushalte, da die Justizausstattung in ihren Zuständigkeitsbereich fällt. Daher halten sie eine finanzielle Unterstützung seitens des Bundes für unerlässlich.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Gesetzesentwurf den einzelnen Bundesländern die konkrete Umsetzung der neuen Regelungen überlässt. Das Gesetz würde somit lediglich eine Rechtsgrundlage für die audiovisuelle Aufzeichnung schaffen. Es bleibt vorerst abzuwarten, ob der Kabinettsbeschluss bei den anstehenden Beratungen und Abstimmungen erfolgreich sein wird.

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