Es vergeht kaum ein Tag ohne neue Enthüllungen zum Bilanzskandal der Wirecard AG. Inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass der Dax-Konzern die Umsätze und Bilanzen schon seit 2015 frisiert hat, um das Unternehmen für Anleger und Aktionäre interessant zu machen. Die fehlenden 1,9 Milliarden Euro auf vermeintlichen Treuhandkonten auf den Philippinen könnten nur die Spitze des Eisbergs sein.

Damit scheinen sich die Recherchen der Financial Times, die dem Konzern schon vor Jahren Unregelmäßigkeiten in den Büchern vorwarf, immer weiter zu bestätigen. Auch die Staatsanwaltschaft München hat ihre Ermittlungen inzwischen ausgeweitet. Neben des Verdachts auf Marktmanipulation und Bilanzfälschung geht es inzwischen auch um Betrugsverdacht. Für die Aktionäre und Anleger der Wirecard Anleihe wird es immer deutlicher, dass sie bei der Wirecard nicht in einen neuen Star am Börsenhimmel investiert haben, sondern wahrscheinlich Opfer eines gewaltigen Betrugs wurden und nun vor einem finanziellen Desaster stehen.

Ansprüche im Insolvenzverfahren

Das vorläufige Insolvenzverfahren über die Wirecard AG wurde am 29. Juni 2020 am Amtsgericht München eröffnet (Az.: 1542 IN 1308/20). Weitere sechs Tochter-Unternehmen sind inzwischen ebenfalls insolvent.

Sobald das Insolvenzverfahren regulär eröffnet ist, können die Gläubiger, dazu zählen auch die Aktionäre und Anleger, ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird versuchen, die lukrativen Unternehmensanteile zu verkaufen und die Insolvenzmasse zu erhöhen. Die neuen Vorwürfe, dass die Bilanzen schon seit 2015 aufgebläht wurden, dürften ihm den Verkauf nicht leichter machen. Auch wenn mit keiner hohen Insolvenzquote zu rechnen ist, sollten die Aktionäre und Anleger ihre Forderungen natürlich anmelden, sobald dies möglich ist.

Dabei könnte sich die Position der Aktionäre im Insolvenzverfahren sogar verbessern. Bestätigt sich der Betrugsverdacht, werden ihre Forderungen nicht mehr nachrangig behandelt. „Auch die Aktionäre können dann mit einem gewissen Anteil rechnen“, so Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Wiesbaden.

Vorstand und Wirtschaftsprüfer in der Haftung

Alleine durch die Insolvenzquote können die finanziellen Verluste allerdings nicht aufgefangen werden. „Unabhängig vom Insolvenzverfahren besteht aber auch die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen“, sagt Rechtsanwalt Cäsar-Preller.

Sollte sich der Verdacht der Marktmanipulation, Bilanzfälschung und auf Betrug bestätigen, kommen auch immer mehr Vorstände und Aufsichtsräte als Anspruchsgegner in Betracht. Dabei können sich die Forderungen nicht nur gegen die mutmaßlichen Täter, sondern auch gegen weitere Vorstände und Aufsichtsräte richten. „Es ist davon auszugehen, dass sie mindestens gegen ihre Aufsichtspflicht verstoßen haben. Sie sind in der Regel gegen Schadensersatzansprüche durch eine D&O-Versicherung abgesichert und stehen auch mit ihrem Privatvermögen in der Haftung“, erklärt Rechtsanwalt Cäsar-Preller.

Schadensersatzansprüche kommen darüber hinaus auch gegen die Wirtschaftsprüfer in Betracht, die über Jahre hinweg ihr Testat erteilt haben, obwohl die Bilanzen der Wirecard AG offenbar schon seit Jahren frisiert waren.

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