Alles andere als ein guter Einstand: Mit dem Förderstopp im Programm EH55 hat Bundeswirtschaftsminister Harbeck wohl etwas den Nachhaltigkeitsgedanken hintenangestellt. Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht: „Tausende von Wohnungen, die weniger als 55 % der für Häuser dieser Größe üblichen Emissionen produziert hätten, werden wohl nicht gebaut werden können!“ Der Förderstopp trifft besonders noch nicht eingereichte Anträge.

Der erfahrene Jurist mit Kanzlei in der Wiesbadener Villa-Justitia empfiehlt vom Förderstopp direkt betroffenen Wohnungsbaugesellschaften, Bauträgern, aber auch privaten und gewerblichen Bauherren von kleineren Bauprojekten Klage gegen den Erlass des Ministers einzureichen, um ihre engagierten Projekte doch noch durchziehen zu können.

Andererseits: Insider befürchten, dass neben den noch nicht eingereichten Anträgen auch die aktuell rund 20.000 eingereichten und noch nicht bewilligten Anträge für EH55-Häuser und rund 3000 für EH40, wohl auch abgelehnt werden. Ob das so einfach geht, also eine Ablehnung, obwohl alle erforderlichen Voraussetzungen bestehen, wird wohl juristisch geklärt werden müssen. Harbeck stellt eine Fortsetzung der Förderung in Aussicht, wenn wieder ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.

Nach der Ankündigung des zuständigen Ministeriums und der KfW-Bank, keine EH55-Projekte für energieeffizientes Bauen mehr zu fördern, droht dem Bund nun eine Klagewelle. Viele Bauprojekte hatten auf die Förderung gesetzt und die Zuschüsse in die Rentabilität ihrer Projekte eingeplant. Der KfW-Förderstopp gut eine Woche vor Ablauf des Termins zum 31. Januar 2022 setzt viele Unternehmen und private Bauherren in eine unter Umständen missliche Lage, denn vielfach dürfte das Projekt nun “gestorben” sein.

Insbesondere Wohnungsbaugesellschaften und große Wohnungsunternehmen dürften die Sache wohl nicht auf sich beruhen lassen wollen. Einige Zahlen:  Der bayerische Wohnungswirtschaftsverband VdW hat seinen 490 Mitgliedsunternehmen dringend empfohlen, Schadenersatzforderungen gegen den Bund rechtlich prüfen zu lassen.

Auch dessen norddeutscher Schwesterverband VNW empfiehlt seinen Mitgliedern ebenso wie der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) rechtliche Schritte gegen den Förderstopp zu prüfen. Die Verbände sind der Meinung, dass ihre Mitglieder Millionen in die Planung neuer Wohnungen gesteckt hätten, die ohne Fördermittel wahrscheinlich nicht gebaut werden können. Baukosten können nicht anfallen, da mit dem Bau von geförderten Projekten im gewerblichen und privaten Bereich erst begonnen werden kann, wenn ein förderfähiger Antrag auch bewilligt wurde und der Bescheid vorliegt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte kurz vor Ablauf der Antragsfrist erlassen, dass keine neuen Förderanträgen durch die KfW-Förderbank mehr angenommen werden sollen. Nach intensivem Protest aus den Verbänden hatte das aber dann doch noch Ministerium verlauten lassen, dass zumindest alle noch vor dem 24. Januar abgelieferten Anträge bearbeitet werden. Es bleiben 6 Tage „Luft“, in denen gemäß der Förderrichtlinie noch rechtzeitig Anträge hätten abgeliefert werden können. „Diese Chance ist den privaten und gewerblichen Bauherren genommen – unabhängig davon, ob und wie viel Geld in die Projektplanung bislang geflossen ist – vom Machbarkeitsgutachten bis zum Grundstückskauf.“

Vielen Bauherren, die sich im Bewusstsein einer noch rechtzeitigen Antragsmöglichkeit bislang noch zurückgehalten hatten, werden nun für ihr regelkonformes Abwarten innerhalb der Frist bestraft. Immerhin hatte das sogenannte EH55-Programm erst am 31. Januar auslaufen sollen

Für Bayern rechnet der VdW auf Nachfrage der Tagessschau aus, dass mindestens 535 Wohnungen nicht gebaut werden können. “Die Wohnungsunternehmen haben langfristig geplant und bereits 9,4 Millionen Euro in diese Neubauprojekte investiert”, wird Verbandsdirektor Hans Maier zitiert

Cäsar-Preller: „Für die Zukunft bestehen auch Unklarheiten bezüglich des EH40-Programms, das nach Angaben des Ministeriums auf eine Milliarde Euro gedeckelt werden soll.“

Minister Harbeck strukturiert derzeit den Wohnungsbau und die Förderungen um. Im Rahmen dieser Neuaufstellung soll auch das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) geändert werden. Fördermittel sollen sich künftig nur noch an der Höhe der erreichten Co2-Einsparung messen lassen und sich damit an einheitlichen Standards orientieren.

„Grundsätzlich kein schlechter Ansatz,“ so Cäsar-Preller, „aber warum hier wegen ein paar Tagen keine extrem nachhaltig geplante Häuser nicht mehr gebaut werden sollen, erschließt sich wohl niemandem als dem Minister allein!“

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