Artikel in der Allgemeinen Zeitung vom 30.08.2019 von Ralf Heidenreich, Leiter Redaktion Wirtschaft

Segula will in der neuen Deutschlandzentrale in Rüsselsheim am Montag starten. Während die wechselnden Opelaner ein “Willkommenstag” erwartet, wird bei Opel noch heftig gestritten.

RÜSSELSHEIM – Freitag ist für Segula und Opel der Tag X. An diesem Tag kommt der Vertrag zur Übernahme wesentlicher Teile des Rüsselsheimer Entwicklungszentrums durch den französischen Entwicklungsdienstleister zum Abschluss. In den Augen von Opel-Chef Michael Lohscheller ein guter Tag. „Für mich ist klar: Segula wird eine Erfolgsgeschichte für den Standort“, sagte Lohscheller dieser Zeitung vergangene Woche. Bei Segula wiederum freut man sich auf den Tag X sowie auf die knapp 700 Mitarbeiter, die vom Autobauer zum Dienstleister wechseln. Der kommende Montag soll laut Segula-Sprecher Immo von Fallois in der neuen Deutschlandzentrale in Rüsselsheim zu einem „Willkommenstag“ werden, bei dem sich die neuen Mitarbeiter kennenlernen können. Unmittelbar danach soll das operative Geschäft starten.

„Teilweise chaotische Zustände“

In der Arbeitnehmervertretung und in Teilen der betroffenen Belegschaft sieht man das kritischer. In einer aktuellen Mitarbeiterinfo des Betriebsrats ist von „teilweise chaotischen Zuständen“ im Opel-Entwicklungszentrum die Rede, zu denen der „überhastet eingeleitete Betriebsübergang“ geführt habe. „Einzelne Gebäude und Einrichtungen sind für die Abgabe an Segula vorgesehen, die dort arbeitenden Kollegen verbleiben aber bei Opel“, wundert man sich. Opel widerspricht: „Alle Vorbereitungen für einen geordneten Übergang laufen nach Plan.“
Von den knapp 700 Mitarbeitern haben sich in dem mit der Arbeitnehmervertretung vereinbarten Prozess gut 300 für den freiwilligen Wechsel zu Segula entschieden. Der Rest sperrt sich nach wie vor und wartet erst mal ab. Denn der Betriebsrat hat der dem Betriebsübergang vorgeschalteten internen Versetzung der betroffenen Mitarbeiter widersprochen. Das Management hat dann die personelle Maßnahme zumindest vorläufig durchgesetzt, in dem es beim Arbeitsgericht mit Verweis auf die dringende Notwendigkeit die Ersetzung der Betriebsratszustimmung durch ein entsprechendes Votum des Gerichts beantragt hat. Wie es weitergeht, ist unklar, eine Anhörung ist für November geplant.

Beschäftigte von Opel an Segula ausleihen?

Um zur „Befriedung beizutragen“ und „gegebenenfalls langwierige Gerichtsverfahren“ zu vermeiden, schlägt der Betriebsrat nun vor, dass nur die Freiwilligen zu Segula wechseln, die Übrigen dagegen bei Opel bleiben – und an Segula für Aufträge ausgeliehen werden. Das Management lehnt das rundweg ab.

„Der Vorschlag ist nicht praktikabel und würde vor allem keine langfristige Lösung bieten“, erklärte ein Opel-Sprecher. Einige Betroffene – es kursieren Zahlen jenseits der 30 – haben auch persönlich dem Betriebsübergang widersprochen. Vertreten werden sie zum Beispiel vom Wiesbadener Anwalt Joachim Cäsar-Preller. Er sieht gute Chancen, dass es zu Vergleichen kommt und die Betreffenden bei Opel bleiben können, „vielleicht unter geänderten Arbeitsbedingungen“.

190 Millionen Euro für den Dienstleister

Segula startet in Rüsselsheim mit zwei großen Auftraggebern: der Opel Automobile GmbH und deren Mutter PSA. Wie aus einem Schreiben der Opel-Führung von Ende Juli an Mitarbeiter hervorgeht, sieht das ein weiterer Vertrag vor, der ebenfalls am Freitag zum Abschluss gebracht werden soll. Er läuft über vier Jahre. Bislang hat Segula laut von Fallois einige kleine Aufträge an Land ziehen können. „Aber wir stehen vor guten Vertragsabschlüssen“, so von Fallois.

Dem Betriebsrat reicht das nicht. Wie aus Unterlagen eines Widerspruchs gegen die Versetzung eines Mitarbeiters hervorgeht, sieht der Betriebsrat den neuen Segula-Standort „einseitig“ von PSA und Opel abhängig. Insgesamt werde das Bestehen des neuen Standortes über ein Geschäftsjahr hinaus als „sehr kritisch beurteilt“. Um Segula einen „erfolgreichen und nachhaltigen Start zu ermöglichen“, zahlt Opel dem Mitarbeiterschreiben der Opel-Führung zufolge bis zu 190 Millionen Euro an den Dienstleister. Das Geld soll in mehreren Teilbeträgen fließen, gestreckt über einen Zeitraum von drei Jahren.

Es ist noch Platz frei

Zudem könnte sich Segula auf dem Opel-Gelände noch etwas vergrößern. „Gewisse“ nicht veräußerte Bereiche des Entwicklungszentrumsgeländes werde Opel „voraussichtlich längerfristig vermieten“ und Segula eine „Option einräumen, Teile dieser Bereiche zu kaufen“, heißt es im Schreiben des Opel-Managements. Voraussetzung: Mehr Aufträge und mehr Mitarbeiter.

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